Seit 1970 betreibt das Technische Hilfswerk, Ortsverband Freising die technische Hilfe auf Verkehrswegen. In dieser Zeit hat sich die Rettungstechnik zur Befreiung eingeklemmter Fahrzeuginsassen stetig weiterentwickelt. Gestern nun konnten zwei Freisinger THW-Einsatzkräfte bei einer Fortbildung am Feuerwehr-Ausbildungszentrum Zolling an einem fabrikneuen Fahrzeug üben
Es klingt zunächst wenig spektakulär, dass zwei ehrenamtliche Einsatzkräfte des THW Freising gemeinsam mit Kameraden aus den Landkreisfeuerwehren im Feuerwehr-Ausbildungszentrum Zolling eine Fortbildung zum Thema „Retten aus modernen Fahrzeugen“ absolvieren konnten. Üblicherweise stehen den ehrenamtlichen Einsatzkräften aber eher schrottreife Fahrzeuge für die Ausbildung zur Verfügung, die den aktuellen Modellen in Sachen Insassenschutz, Härte der verbauten Stähle und der Struktur meist mindestens 10 Jahre hinterherhinken. Deshalb gleicht die Möglichkeit, eine Rettungsübung an einem fabrikneuen Fahrzeug durchführen zu können fast schon dem Fund einer Nadel in einem Heuhaufen! Für die Einsatzkräfte ist der Erkenntnisgewinn jedoch hoch und fließt in die Ausbildungskonzepte des THW bei der Verkehrsunfallrettung ein.
Schwerpunkt der Fortbildung war weniger die technische Rettung an sich – hier verfügen die Teilnehmer alle über viele Jahre Übungs- und Einsatzerfahrung – sondern vielmehr die Anwendung der Techniken an einem hochmodernen Fahrzeug. Hier bringt der moderne Materialmix und hochfeste Metalllegierungen die hydraulischen Rettungsgeräte der Hilfsorganisationen durchaus auch an ihre Grenzen.
Die BMW AG stellt für diese Fortbildungsveranstaltung zwei fabrikneue Testfahrzeuge aktueller Großserien zur Verfügung. Schon beim ersten Fahrzeug, einem Vertreter der sog. Kompaktklasse, war klar zu erkennen, wie viel schwerer es die Einsatzkräfte hatten, mit den mitgeführten hydraulischen Rettungsgeräten einen Zugang zum Fahrzeuginnenraum zu schaffen. Deshalb wurden die Rettungsmethoden so ausgeführt, dass man mit möglichst wenigen Schnitten oder aufeinander folgenden Schritten den größtmöglichen Effekt erzielen konnte.
Bei hochfesten Stählen empfiehlt es sich zum Beispiel, die Fenstersäulen für die große Seitenöffnung nur anzuschneiden und dann mit dem hydraulischen Rettungsspreizer abzureißen. Dies spart je nach Auto zwei bis drei zusätzliche Schnitte und damit wertvolle Zeit. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist bei solchen Einsätzen der Eigen- und Brandschutz sowie eine gute Rettungsstrategie. Hier treffen beim Einsatz hochfeste Klingen der hydraulischen Rettungsgeräte auf hochfeste Stähle des Fahrzeugs. Diese Kombination führt z. B. beim Abrutschen zu teilweise erheblichem Funkenschlag.
Für die beiden erfahrenen Einsatzkräfte des THW war es eine spannende Erfahrung am Objekt zu sehen, welche Fortschritte der Insassenschutz bei modernen Autos im Vergleich zu den üblicherweise 10 – 15 Jahre alten Übungsfahrzeugen gemacht hat. Zum einen nehme die Fahrzeugstrukturen heute wesentlich mehr Aufprallenergie auf, verformen sich dabei gezielt und schützen so die Insassen. Zum anderen sorgen hochfeste Stähle, moderne Materialmischungen und Versteifungselemente für erhebliche Schwierigkeiten bei der Schaffung von Zugangsöffnungen in solche Fahrzeuge.
Nicht minder wichtig war aber auch der Austausch der Einsatzkräfte untereinander. Hier wurde umfassend über Erlebnisse und Erfahrungen gefachsimpelt, Kontakte aufgebaut und gepflegt. Einig war man sich vor allem bei einem: Nur miteinander statt gegeneinander kann dem Betroffenen schnellstmöglich und effektiv geholfen werden. Auch wenn die Aufgaben und Strukturen der Organisationen unterschiedlich sind, die Zielsetzung „Menschen in Not zu helfen“ ist bei allen Organisationen gleich.
Für die technische Hilfe nach Verkehrsunfällen hält das THW Freising ein Schnellbergefahrzeug vor, dass u. a. an Wochenenden oder Tagen mit hohem Verkehrsaufkommen auf den Autobahnen im Landkreis zum Einsatz kommt. Dieses ist mit modernsten hydraulischen Rettungsgeräten, Hebekissen, Fahrzeugstabilisierungs-geräten und vielem mehr ausgestattet. Jede ehrenamtliche THW-Einsatzkraft muss mindestens einmal jährlich eine interne Fort- und Ausbildung im Umgang mit hydraulischem Rettungsgerät absolvieren.